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22. September 2021: Dieser Frage ging die Universität Potsdam im Rahmen einer Studie im Auftrag der Mittelbrandenburgischen Sparkasse nach und stellte am Dienstag ihre Ergebnisse vor. Demnach ist der Handlungsbedarf weiterhin groß. Insbesondere infrastrukturelle Themen wie die Netzabdeckung und der Breitbandausbau bremsen die Digitalisierung in der Fläche weiterhin aus. Aber auch die Ausbildung und Bindung von IT-Fachkräften ist eine der großen Herausforderungen dieser Zeit.

102 Firmen unterschiedlichster Branchen wurden im Rahmen der Studie online befragt. Mit zwanzig Prozent waren Handwerk und Dienstleistungen am stärksten vertreten. Knapp fünfzig Prozent der Befragten haben ihren Firmensitz in Potsdam. Zehn Prozent sind in Cottbus ansässig, acht Prozent in Brandenburg. Der Rest verteilt sich über die Fläche. 

Bereiche in denen Softwarelösungen bereits stark vertreten sind, sind die Finanzbuchhaltung (79 % ) und die Personalwirtschaft (62 %). In der Material- und Warenwirtschaft überwiegen jedoch noch altbewährte Lösungen. Hier setzen lediglich 38 Prozent auf digitale Technologien für die automatisierte Beschaffung. Geht es um die Planung und Steuerung der Produktion setzen nur noch 30 Prozent auf digitale Lösungen. Nur ein Viertel der Unternehmen vertreibt seine Produkte und Dienstleistungen digital. In der Logistik und dem Supply-Chain-Management kommen nur bei 22 Prozent der Unternehmen digitale Lösungen zum Einsatz. Das heißt im Umkehrschluss, dass knappe 80 Prozent die digitalen Möglichkeiten in diesem Bereich noch überhaupt nicht nutzen.

Werden digitale Technologien eingesetzt, sind es meist Standardprodukte wie Microsoft-Office-Anwendungen ohne individuelle Anpassungen. Nur 20 Prozent der Unternehmen verwenden ein bereichsübergreifendes ERP-System.

Auch der Blick in die Zukunft stimmt wenig optimistisch. So beschäftigen sich aktuell nur 30 Prozent der Unternehmen mit der digitalen Weiterentwicklung ihres Geschäftsmodells oder der Weiterentwicklung digitaler Produkte und Services. Ganze 70 Prozent verlassen sich derzeit noch auf ihre traditionellen Geschäftsmodelle.

Digitalisierungswille vorhanden, aber es mangelt an Infrastrukturen, Fachkräften und Kenntnissen über Fördermöglichkeiten

Schaut man sich jedoch die Relevanz an, die Unternehmen einzelnen Themenbereichen zuschreiben, zeichnet sich ein etwas anderes Bild. Hier stehen die digitale Weiterentwicklung des Geschäftsmodells, der Einsatz von Cloud-Lösungen, digitale Produkte und Dienstleistungen sowie kontaktlose Bezahlmöglichkeiten und Onlineshops weit oben in der Rangliste. Immerhin 61 Prozent der Unternehmen bezeichnen sich selbst als modern und zumindest ansatzweise digitalisiert. 56 Prozent sagen, dass sie digitalen Technologien gegenüber aufgeschlossen sind. Jedoch mangelt es vielerorts am Zugang zum Breitband und guter Mobilfunkabdeckung. Auch die mangelnde Verfügbarkeit von Fachkräften bremst Digitalisierungsvorhaben aus.

Der Zugang zu Hochschulen und Forschungseinrichtungen sowie der Wissenstransfer sind ebenfalls ausbaufähig. Dabei liegen hier hohe Innovationspotenziale. Deutliches Verbesserungspotenzial sehen die Brandenburger Unternehmen zudem in der öffentlichen Verwaltung, die weniger bürokratisch und dafür digitaler werden sollte. Auch mit den angebotenen Förderprogrammen sind nur zwölf Prozent zufrieden. Dabei bietet das Land Brandenburg mit dem Innovationsgutschein BIG-Digital bereits umfangreiche Hilfestellung zur Vorbereitung und Umsetzung von Digitalisierungsprozessen im Unternehmen. Vielen Unternehmen sind die Fördermöglichkeiten jedoch nicht hinlänglich bekannt oder der Aufwand für die Inanspruchnahme der Mittel wird als zu hoch angesehen (ungünstiges Kosten-Nutzen-Verhältnis).

Faktor Mensch

Ein wichtiger Faktor für die digitale Transformation bleibt der Mensch. So beurteilt die Mehrheit der Befragten die Bereitschaft und Motivation der Führungskräfte und Angestellten als relevantes Kriterium für erfolgreiche Digitalisierungsvorhaben. Sie können Hauptbremser aber auch Hauptbeschleuniger sein. In der Praxis zeigt sich jedoch nur knapp die Hälfte zufrieden mit dem Engagement der Mitarbeiter:innen. Oft läge dies an alternden Belegschaften mit wenig Interesse an Veränderungen. Auch Überforderung kann neben der fehlenden Änderungsbereitschaft ein Kriterium sein. Ein Generationenwechsel in der Belegschaft und unterstützende Schulungen für ein offeneres Mindset könnten Lösungsansätze sein.

„Die Führungskräfte müssen die digitale Transformation aktiv vorleben und die Beschäftigten dazu motivieren, bei der Veränderung konstruktiv mitzuwirken“, sagt Studienleiterin und Marketing-Professorin Uta Herbst. Die Professorin empfiehlt, den Wandel frühzeitig anzukündigen und zu begründen, die geleistete Arbeit zu würdigen und für die neuen Herausforderungen Trainingsprogramme anzubieten. Zudem sollten sich Unternehmen auf dem Arbeitsmarkt mit attraktiven und zeitgemäßen Stellenangeboten präsentieren, um qualifiziertes Personal zu bekommen und zu halten. Anreize böten hier Arbeitsmöglichkeiten im Homeoffice und weitreichende Entwicklungschancen.

Corona-Pandemie als Beschleuniger

Auch die Corona-Pandemie wurde im Rahmen der Studie als Digitalisierungsfaktor beleuchtet. Immerhin die Hälfte der Unternehmen behauptet von sich die Corona-Krise für die weitere Digitalisierung genutzt zu haben und sieht in der Pandemie einen Beschleuniger für Digitalisierungsvorhaben. Diesen Schub gilt es nun weiter zu nutzen. Denn „viele Unternehmen müssen sich darauf einstellen, dass sich in der Pandemie die Erwartungshaltung der Kunden verändert hat. Das bedeutet, die internen Prozesse zu überprüfen, neues Wissen anzueignen, Inspiration bei guten Lösungen anderer zu suchen, aber auch Beratungs- und Förderangebote zu nutzen“, so Uta Herbst. 

Die vollständigen Studienergebnisse finden Sie hier.