
Die Arbeitswelt in Berlin und Brandenburg befindet sich im Umbruch: Digitalisierung, neue Arbeitsmodelle und veränderte Ansprüche an Räume und Unternehmenskulturen prägen die Entwicklung. Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Zukunft der Arbeit” der Zukunftsorte Berlin lud die Geschäftsstelle Zukunftsorte am 26. März 2025 zur Veranstaltung „Zukunft der Arbeit – Neue Arbeitswelten” in die neue Arbeitswelt ST3AM im Technologiepark Adlershof ein. Expert:innen aus Wissenschaft und Praxis diskutierten, wie die Arbeitsumgebung zur Triebfeder für Innovation und Motivation werden kann.
Raumgestaltung zwischen Konzept und Praxis
Prof. Dr. Katja Ninnemann, Professorin für Digitalisierung und Workspace Management an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin, betonte, dass Räume nicht nur entworfen, sondern durch die Nutzung und gelebte Praxis geprägt werden. Die zentrale Frage lautet: Muss zuerst das Raumkonzept stehen oder der Entwurf einer modernen Arbeitswelt?
Für Matthias Jordt, Partner bei Vollack Berlin/Brandenburg, ist klar, dass moderne Arbeitswelten ohne eine passende Unternehmenskultur nicht funktionieren. Räume sollten auf Werte und Bedürfnisse zugeschnitten sein, nicht als beliebig wandelbare Flächen entstehen. Wenn jedoch Architekten Räume entwickeln, steht am Ende ein Übergabedatum und damit ein Ziel. Dies widerspricht der Idee einer Arbeitswelt, die erst durch Nutzung entsteht und somit einem stetigen Wandel unterliegt. Dieses Paradoxon gilt es aufzulösen durch eine räumliche Gestaltung, die einen Rahmen gibt, aber in ihren einzelnen Elementen möglichst wandelbar bleibt. So sieht es auch Wolfgang Nikolaus Kriegs, Geschäftsführer bei System 180, dessen Möbeldesign diese Wandlungsfähigkeit aufgreift. Er sagt: “Kreativität braucht Freiräume – aber auch diese benötigen klare Strukturen.”
Wandelbare Arbeitswelten und ihre Auswirkungen
Dass Arbeitswelten sich im Laufe der Nutzung verändern, zeigt das Beispiel der EBK Gruppe: Eine ursprünglich als Produktionshalle geplante Fläche wird heute als Diagnostikhalle für ein Sportanalytik-Unternehmen genutzt. Solche Umnutzungen veranschaulichen, wie Flexibilität und Offenheit Innovationen ermöglichen können.
Spannend an diesem Beispiel ist, dass der ursprüngliche Produktionsraum zur Basis eines neuen Geschäftsmodells wurde. Eine für Maschinen und Fertigungsstraßen designte Halle, die aufgrund eines starken Auftragsrückgangs während der Corona-Pandemie nicht genutzt wurde, bot Raum für neues Denken und neue Konzepte. So entstand zunächst ein Experimentierraum, der sich zu einem neuen Unternehmen entwickelte: der 4talents analytics GmbH.
Individuelle Bedürfnisse und Gesundheit
Dr. Amelie Wiedemann, Geschäftsführerin und Mitgründerin von DearEmployee, zeigte in einer aktuellen wissenschaftlichen Analyse von Unternehmensdaten die Zusammenhänge zwischen Arbeitsumgebung, Motivation und Gesundheit auf. Die Ausprägungen seien jedoch je nach Gruppe individuell: Während jüngere Mitarbeitende beispielsweise fehlenden Austausch im Team weniger als Risiko für die mentale Gesundheit sehen, bewerten ältere Beschäftigte dies anders. Auch das Homeoffice werde von manchen Nutzergruppen als positiv für die mentale Gesundheit empfunden, weil es den eigenen Bedürfnissen entsprechend gestaltet ist und eine ruhige Arbeitsatmosphäre bietet. Für andere Gruppen ist aber genau diese Ruhe und fehlende soziale Interaktion ein Risikofaktor. Arbeitswelten müssen daher differenziert gestaltet werden, um unterschiedlichen Bedürfnissen gerecht zu werden.
Digitalisierung verändert Arbeitsmärkte und Berufe
Die Digitalisierung verändert nicht nur Räume, sondern auch Tätigkeitsprofile. Laut aktuellen Analysen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) steigt durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) die Produktivität, gleichzeitig wächst auch die Wahrscheinlichkeit, dass Tätigkeiten – selbst in komplexeren und spezialisierten Berufen – durch Automatisierung oder KI-Lösungen ersetzt werden können (IAB). In Berlin und Brandenburg zeigt sich, dass die regionale Branchenstruktur die Auswirkungen der Digitalisierung auf den Arbeitsmarkt maßgeblich beeinflusst. Besonders gefragt sind heute Qualifikationen im Bereich IT, Medien und Design sowie Kompetenzen, die nicht leicht automatisierbar sind.